Interview mit Scarlett Wycisk – Ein Vorteil von Emotionen ist ein loyaler und wiederkehrender Kunde, der sich an dich und wichtig, an deine URL erinnert

Scarlett Wycisk, Senior Manager The Disney Store, Digital Retail Expert, The Walt Disney Company

Scarlett Wycisk
Senior Manager The Disney Store, Digital Retail Expert
The Walt Disney Company

Bereits seit 2011 ist Scarlett Wycisk für die Walt Disney Company tätig und verantwortet die Arbeit des E-Commerce-Teams im Disney Store. Auf der Conversion Converence am 8.+9. November in Berlin spricht sie über „Emotional Selling“. Wir haben ihr vorab ein paar Fragen gestellt.

Scarlett, hast du Lieblingsplätze in Berlin, die die anderen Konferenzbesucher unbedingt besuchen müssen?

Ehrlich gesagt bin ich ein Totalausfall wenn es um Namen von Locations und Orientierung geht. Ich war schon oft in Berlin und habe immer gut gegessen und gefeiert, es kann also nicht so schwer sein hier etwas zu finden ;) Oder man fragt die richtigen Leute, das ist mein Tipp!

Du hast bereits über 13 Jahre Berufserfahrung. Wie hat sich der Bereich “Online Marketing” in dieser Zeit verändert? Und wie wird “Online Marketing in 5 Jahren aussehen”?

Mein Start ins Onlinemarketing war nach meinen Informatikstudium geprägt von „Doorwaypages“, „weekend bidding“ und Affiliate Links auf „Froogle“. Durch meine Arbeit in einer Agentur stand ich auf beiden Seiten und lernte die „gute“ wie auch die (blödes Wort) „dark side“ kennen. Welche interessanter war sage ich jetzt nicht ;-) Es war irgendwie in der ganzen Branche so – wir haben viel ausprobiert und wenig geschlafen. Man hatte noch super viele Möglichkeiten von Anfang an dabei zu sein und alle waren „hungrig“ – auf Wissen und vielleicht auch auf Geld, das ist an mir leider irgendwie vorbeigezogen :D

Heute hat sich die Branche professionalisiert. Wir sind zum einen älter geworden, haben Falten und der ein oder andere trägt jetzt eine Krawatte anstatt dem abgerockten Bandshirt. Online Marketing basiert in Teilen immer mehr auf komplexer Technologie und fundiertem Knowhow was man nicht mehr über Nacht erlernen kann. Es gibt aber auch die andere Seite, in der Maschinen uns personalisierte Werbung aussteuern, die durch Algorithmen bestimmen, was wir zu Gesicht bekommen. Wo ein System mehr über uns zu wissen scheint als wir selbst, muss die Botschaft der Werbung und die Marke mehr denn je „emotional“ sein und etwas in uns auslösen. Oder man regelt es eben über Rabatte, das geht in Deutschland auch ganz gut :P

Online Marketing in 5 Jahren … es wird viel zu tun geben, wenn man sich weiterentwickelt. Vielleicht optimieren wir dann Spracherkennungssysteme anstatt Suchmaschinen, Retail findet ausschließlich auf Amazon statt, Uber ist im Bereich e-commerce das größte Logistikunternehmen geworden und ich entwerfe grade das nächste Hologramm Ad was in einem selbstfahrenden Auto ausgespielt wird. Schauen wir mal ☺

Der Titel deiner Session lautet “Emotional Selling”. Kannst du uns ein bisschen genauer erklären, was dahinter steckt?

Nach über 5 Jahren bei Disney sind Themen wie Engagement, Awareness und Storytelling zu einem Steckenpferd von mir geworden. Wenn man tagtäglich mit einer super emotionalen Marke arbeitet kommt man nicht umher diese Stärke zu nutzen und sein Marketing darauf abzuzielen. Zudem sind wie kein Tech-Unternehmen in dem Bereich und ich rede lieber über Dinge die mich tagtäglich beschäftigen und in denen ich mich kompetent fühle. Außerdem ist meine Aussage „Man kann eigentlich jedes Produkt emotional aufladen – let’s try it!“ Darum geht es in meinem Vortrag – und ein bisschen Magic wird das Ganze auch!

Gibt es neben Walt Disney viele Unternehmen die mit “Emotional Selling” arbeiten? Kannst du uns vielleicht ein Beispiel nennen, damit wir uns das besser vorstellen können?

Oh Gott, Facebook ist voll davon. Kennt ihr die Budweiser Werbung? (https://www.youtube.com/watch?v=rF711XAtrVg) Generell ist der ganze Superbowl Werbeblock voller emotionaler und großartiger Werbung. Auch in Deutschland haben wir gute Beispiele wie Sixt oder auch Edeka. Hier und da übertreiben es die angeblichen Spezialisten aber auch, man kann Emotionen halt auch nicht erzwingen. Vielleicht zeige ich auf der Konferenz auch ein paar Beispiele wie ich das ganze Thema in mein eigenes Startup transferiert habe – man muss nämlich nicht zwangsläufig groß und mächtig sein um Emotional Selling zu betreiben.

In wie weit können “Emotionen” dazu beitragen die Conversion zu steigern?

Ein Vorteil von Emotionen ist ein loyaler und wiederkehrender Kunde, der sich an dich und wichtig, an deine URL erinnert. Ich muss zuerst einmal einen höheren Invest in meine Marke und mein Brand Building stecken und vielleicht auch mehr in Kundenservice und Kreativität. Dafür habe ich aber auf lange Sicht einen viel höheren Customer Lifetime Value und im besten Fall geringere Marketingkosten in Kanälen die nicht zur Neukundengewinnung dienen. Das bezieht sich sicher nicht auf alle Branchen aber bei einem Produkt, dass man nicht nur alle 5-10 Jahre braucht macht es schon meist Sinn eine Marke & Emotionen aufzubauen.

Welches sind aus deiner Sicht die häufigsten Fehler, die im Online Marketing passieren?

Copy und Paste ohne Nachzudenken.

Auf welche anderen Vorträge der Conversion Conference freust du dich besonders?

Ich werde in alles gehen was mir spontan zusagt. Vielleicht ergibt sich auch ein gutes Gespräch vor der Tür, ich bin da nicht so durchgeplant.

Verrätst du uns, wie ein typischer Arbeits-Tag bei der Walt Disney Company aussieht?

Meist fange ich zwischen halb neun und neun an. Erstmal hinsetzen, Tür zu und Emails anschauen zum wach werden. Mein Tag besteht oft aus vielen Meetings oder Calls mit den UK Kollegen. Essen am Arbeitsplatz oder Lunch mit Kollegen beim Italiener um die Ecke. Weitere Meetings in unseren Konfis die alle Namen unsere Charakter haben: Also erst Social Media Update im „Micky“, dann ein kurzes Status Quo im „Avengers“ und ein Forecast VC im „Dagobert“. Achso und dann sind da noch so normale Termine wie „Rohfassung von Film xy anschauen“ – Lineup Präsentation im Kino und unsere Townhalls. Aber ich will jetzt niemanden neidisch machen ;)

Welches sind die wichtigsten Dinge an deinem Arbeitsplatz, die nicht fehlen dürfen?

Mein Büro sieht aus wie ein Disney Store. Hier sitzen ca. 50 Plüschtiere, Kostüme auf Kleiderstangen und Klamotten für jedes Alter. Ich sammele Character Tassen als Stiftehalter und bin ein Messi was buntes Zeug angeht – Platz zum arbeiten habe ich hier dadurch kaum. Fehlen darf niemals mein Erin Condren Lifeplanner in der oldschool Papiervariante. Mein iPhone, iPad und MacBook und natürlich Internet. Ansonsten brauche ich nicht viel, ich arbeite eh lieber wo ich gehe und stehe als an einem festen Arbeitsplatz.

Vielen Dank für das Interview, Scarlett.